Während die Diskussion um sehr lange Wartezeiten auf Facharzttermine immer wieder wesentliche Teile der gesundheitspolitischen Debatte bestimmt, wird am Klinikum Lippe, einem Maximalversorger in Ostwestfalen, die Zukunft einer belastbaren digital unterstützten Versorgungssteuerung erprobt.
Im Rahmen des BMG-geförderten Modellprojektes „Digitalisierung in der sektorenübergreifenden Patientinnen- und Patientensteuerung“ kurz SePaS-digital, können diverse Dauerbaustellen des Gesundheitssystems abgearbeitet werden:
- Versorgungssteuerung im klinischen Alltag ermöglichen
- Ambulantisierung in den Kliniken anschieben
- Fehlbelegungen reduzieren
- Zeitnahe fachärztliche Behandlungen von Patienten gewährleisten
- Notaufnahmen der Kliniken entlasten
- Steuerungsfunktion der Hausärzte stärken
Möglich wird diese „Breitbandwirkung“ durch die Tatsache, dass dieses Projekt aus der täglichen Versorgungsrealität kommt und von Mitarbeitenden der Klinik für Gastroenterologie entwickelt, von der Administration unterstützt und im engen Austausch mit den hausärztlich Versorgenden umgesetzt wird. Damit gelingt sektorenübergreifende Versorgung zumindest in einem definiertem Versorgungsbereich und stellt für Patienten, Hausärzte und die Klinik einen echten Mehrwert dar.
Wir prognostizieren, dass sich dieser Mehrwert mittelfristig in insgesamt sinkenden Gesundheitskosten und einer Minderbeanspruchung des Gesamtsystems (Schonung der Diagnostik- und Personalressourcen) zeigen wird.
Wie in anderen Bereichen auch sind es im Bereich der Versorgungssteuerung nicht die mangelnden gesetzlichen Möglichkeiten, die ein Mehr an Qualität und Nutzerorientierung verhindern. Vielmehr fehlt eine „Anleitung“, ein Manual, ein einfaches Nutzertool, das einen flächendeckenden, bedarfsgerechten Gebrauch ambulanter Behandlungsmöglichkeiten im Versorgungsalltag ermöglicht.
Die Klinik für Gastroenterologie und Infektiologie verfügt über eine umfangreiche ambulante Versorgungspalette (stationär, ambulante OP (§ 115b SGB V), Ermächtigung (§ 116 SGB V), ambulante spezialfachärztliche Versorgung (§116b SGB V), Hochschulambulanz (§ 117 SGB V), MVZ (§ 95 SGB V). Diese umfangreichen ambulanten Behandlungsmöglichkeiten sind aber weder in der Gesamtklinik noch im hausärztlichen Bereich ausreichend bekannt. Und selbst eine Bekanntheit allein reicht nicht aus, denn eine erfolgreiche und passgenaue Nutzung der ambulanten Angebote verlangt ein Detailwissen, das keinem Niederlassen zuzumuten ist und selbst in der Klinik eher die Ausnahme als die Regel darstellt. Aus unserer Sicht ist dies ein wesentlicher Punkt, der tagtäglich dazu beiträgt, vorhandenes „Ambulantisierungspotential“ im Versorgungsalltag nicht zu heben und Fehlbelegungen in den Kliniken in gewissem Rahmen unwissentlich in Kauf zu nehmen.