Bluthochdruck – Ein „Silent Killer“

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Bluthochdruck – Ein „Silent Killer“

Prof. Dr. Stephan Gielen, Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin, richtet anlässlich des Welt-Hypertonie-Tages am 17. Mai 2021 einen Appell an alle Lipperinnen und Lipper.

Liebe Patientinnen und Patienten,

Die aktuelle Corona-Pandemie beherrscht unseren Alltag, das tägliche Leben in Krankenhäusern und Arztpraxen und vor allem die Medien. Fast könnte man den Eindruck gewinnen, es gäbe kein größeres medizinisches Problem als die COVID-19 Pandemie. Ja, die Corona-Pandemie hat unser Leben grundlegend verändert. Ja, weltweit sind bisher 3,3 Millionen Menschen an den Folgen von COVID-19 verstorben – davon allein 85.118 in Deutschland (Stand 11.05.2021, Johns Hopkins University, Baltimore, Maryland, USA). Aber allein an den direkten Folgen zu hohen Blutdrucks sterben pro Jahr weltweit ca. 9,4 Millionen Menschen – dreimal mehr als an Corona. Und im Unterschied zu COVID-19 können wir arterielle Hypertonie mit hervorragenden Medikamenten sehr effektiv behandeln.

Bluthochdruck ist vor allem eine Erkrankung des höheren Lebensalters: Jenseits des 60. Lebensjahres sind über die Hälfte aller Menschen in Deutschland von Hypertonie betroffen. Leider gibt es immer noch viele, die von ihrem Bluthochdruck nichts wissen und noch mehr, die nicht ahnen, wie viele Lebensjahre sie durch einen unbehandelten Bluthochdruck leichtfertig verspielen: Im Mittel fast 11 Jahre!

Die meisten der 140.00 Menschen, die jährlich in Deutschland an den Folgen von Bluthochdruck versterben, sterben an Folgeerkrankungen des Herz-Kreislaufsystems. Schlaganfall, Herzinfarkt, Einrisse an der Hauptschlagader und Nierenversagen sind die häufigsten Todesursachen. Durch die frühzeitige Erkennung und Behandlung von arterieller Hypertonie lassen sich die allermeisten dieser Todesfälle effektiv verhindern.

Der Welt-Hypertonie-Tag erinnert uns daran, dass die gesundheitlichen Risiken durch Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auch in diesen Zeiten die Risiken der Corona-Pandemie bei weitem übersteigen. Mit dem zunehmenden Erfolg der Impfkampagnen sollte dies auch wieder zurück in den Focus unserer medizinischen Betreuung kommen.

Ihr Prof. Dr. Stephan Gielen
Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin


Wie kann man Bluthochdruck erkennen?

Beim Hausarzt und in vielen Apotheken kann man seinen Blutdruck kostenlos messen lassen. Dabei gilt für die Diagnose eines Bluthochdrucks, dass mehrmals in der Praxis der systolische Blutdruck bei ≥140 mm Hg und/oder der diastolische Blutdruck ≥90 mm Hg gemessen werden. Die genaue Einteilung des Bluthochdrucks ist durch die Deutsche Hypertonieliga wie folgt festgelegt:

  • Optimal:<120mmHg/<80mmHG
  • Normal 120-129/80-84 mmHg
  • Hochnormal: 130-139/85-89 mmHg
  • Bluthochdruck Grad 1: 140-159/90-99 mmHg
  • Bluthochdruck Grad 2: 160-179/100-109 mmHg
  • Bluthochdruck Grad 3: >180/>110 mmHg
  • isolierter systolischer Blutdruck:>140/<90 mmHg

Auch durch eine Langzeit-Blutdruckmessung über 24 h kann ein Bluthochdruck erkannt werden. Hier muss der Mittelwert für den systolischen Blutdruck tagsüber nur ≥135 mm Hg und für den diastolischen Blutdruck ≥85 mm Hg liegen.

Kann man Bluthochdruck heilen?

Eine sehr gute Frage! Leider hat nur etwa jeder 20. Bluthochdruckpatient (5% aller Patienten) eine behandelbare organische Ursache für den Bluthochdruck: Wenn Nierenarterienstenosen, Hormonstörungen, Tumoren der Nebenniere und andere seltene Erkrankungen zum Bluthochdruck führen, spricht man von einer sekundären Hypertonie. Hier kann sich der Blutdruck nach Behandlung der Grunderkrankung wieder vollständig normalisieren.

Bei den meisten – besonders den älteren Patienten – liegt aber ein primärer Hypertonus vor. Hier führen altersbedingte Veränderungen wie eine zunehmende Steifigkeit der Blutgefäße oder eine genetische Vorbelastung zum Bluthochdruck. Eine Heilung ist meist nicht möglich, aber eine effektive langfristige Behandlung.

Welche Behandlung hilft beim Bluthochdruck?

Die meisten Menschen denken bei Behandlung gleich an Tabletten. Gerade beim Blutdruck kann jeder Patient aber durch einen gesunden Lebensstil sehr viel zur Verbesserung beitragen: Im Vordergrund stehen Gewichtsnormalisierung, gesunde Ernährung und Sport/regelmäßige körperliche Aktivität. 5.000 bis 7.000 Schritte pro Tag sind ein guter Anfang und für die allermeisten möglich.

Trotzdem – ganz ohne Medikamente wird sich ein normaler Blutdruck meist nicht erreichen lassen. Um möglichst nebenwirkungsarm eine gute Blutdruckeinstellung schnell zu erreichen wird heute gleich zu Beginn eine Kombination von zwei Präparaten eingesetzt: Z.B. ACE-Hemmer + Calcium-Antagonist oder ACE-Hemmer + Diuretikum oder Betablocker + Diuretikum. Falls diese Therapie nicht reicht, gibt man Spironolacton dazu.

Therapieziel ist ein Blutdruck <140 mm Hg systolisch und <90 mm Hg diastolisch.

Nach den ersten Blutdrucktabletten ging es mir schlecht, da habe ich sie erstmal weggelassen!

Diesen Satz höre ich in meiner Sprechstunde immer wieder: Viele Patienten sind so an den hohen Blutdruck gewöhnt, dass die Senkung auf normale Werte zu Müdigkeit, Abgeschlagenheit etc. führt. Durch dieses „Tal der Tränen“ müssen wir aber hindurch, bis sich nach ein bis zwei Wochen der Körper an den niedrigeren Blutdruck angepasst hat. Geben Sie also nicht zu früh auf!

Das gesamte Herz-Kreislauf-Risiko

Ab dem 40. Lebensjahr sollte bei jedem Hausarztbesuch auch an das gesamte Herz-Kreislauf-Risiko gedacht werden, das sich aus Tabellen leicht aus Alter, Raucherstatus, syst. Blutdruck und Gesamtcholesterin bestimmen läßt. Bei über 10% Sterblichkeitsrisiko in den nächsten 10 Jahren sollte Sie sich dringend fachkardiologisch untersuchen lassen. Das individuelle Risiko beeinflußt auch die Aggressivität der Blutdrucksenkung bei Hypertonie: Je höher, umso stärker sollte der Blutdruck gesenkt werden.


Sie wollen mehr erfahren? Informieren Sie sich gern auf den Internetseiten der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin.