Klinikum Lippe entwickelt digitale Prozessunterstützung in der Sektorenübergreifenden Patientinnen- und Patientensteuerung

Im Rahmen eines Modellprojektes soll die Digitalisierung der Schnittstelle zwischen stationärer und ambulanter Versorgung erprobt werden, um so eine Ablösung der analogen Abläufe zu erreichen. Mit dem eigeninitiierten Projekt hatte sich das Klinikum Lippe im Verbund mit der Internationalen Hochschule SDI München bei einer bundesweiten Ausschreibung beworben und den Zuschlag erhalten. Die Projektförderung erfolgt durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG).

PD Dr. med. Johannes Tebbe Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie und Infektiologie Klinikum Lippe © Klinikum Lippe

Die Projektidee stammt aus dem klinischen Versorgungsalltag der Klinik für Gastroenterologie und Infektiologie des Klinikum Lippe. Die reibungslose, transparente und effiziente sektorenübergreifende Patienten- und Patientinnensteuerung steht dabei im Fokus. Zunächst werden die bisherigen analogen Prozesse analysiert. Für eine patientenorientierte Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Magen-Darm-Erkrankungen sollen optimierte digitale Prozesse für das Zusammenspiel von ambulanter und stationärer Versorgung erprobt werden.

 

„Die Klinik für Gastroenterologie und Infektiologie, mit einem hohen Anteil an Notaufnahmen einerseits, und einem breitgefächerten Portfolio ambulanter Versorgungsmöglichkeiten anderseits bietet sich dafür in besondere Weise an“, begründet Projektleiter Dr. med. Johannes Tebbe die Verortung des Modellvorhabens. Im Kern geht es darum, in welchem Setting des Versorgungsangebotes der jeweilige Patient mit seinen aktuellen Beschwerden am besten aufgehoben ist und am schnellsten fachärztlich versorgt werden kann. Wichtig dabei: Nicht immer ist ausschließlich die stationäre Behandlung die schnellste, zielführendste und beste Versorgungsart.

 

 

Prof. Clemens Lutsch
Professor für Human-centered Strategy und User Experience
© privat

Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von der Internationalen Hochschule SDI München, die ihren Schwerpunkt u.a. im Bereich einer nutzerzentrierten, digitalen Kommunikation hat. Aufgaben des Projektmanagements wurden an die Firma Kneier Consulting vergeben, die über eine langjährige Kompetenz im Gesundheitssektor verfügt. Das Projekt will dabei Lösungswege suchen, die sich in erster Linie an den Bedürfnissen der Patienten und Patientinnen orientieren. „Patienten wünschen eine schnelle, fachkompetente Behandlung ohne lange Wartezeiten“, so Tebbe. „Wir werden den neu modellierten und teilautomatisierten Prozess in unserer Klinik steuern, testen und hinsichtlich seiner Wirksamkeit wissenschaftlich evaluieren“.

Dr.  Johannes Hütte, Geschäftsführer des Klinikum Lippe, sieht das Klinikum durch die praxisorientierte, interdisziplinäre Projektidee zukunftsgerichtet aufgestellt: „Die Gesundheitspolitik fordert regelhaft den Ausbau der sektorenübergreifenden Versorgung. Deren Potenziale werden aber – auch im Sinne der Patientinnen und Patienten – noch nicht ausreichend gehoben. Die Projektförderung ermöglicht uns praktische Pionierarbeit in der täglichen Patientenversorgung. Bei Gelingen kann das Resultat unkompliziert auf andere medizinische Fachgebiete unseres Krankenhauses sowie auf weitere Regionen übertragen werden“.

„Nutzerzentrierte Systeme stehen im Mittelpunkt einer optimalen Kommunikation zwischen unterschiedlichen Beteiligten. Im Setting der Gesundheitsversorgung kommt einer optimierten Kommunikation jedoch eine besondere Bedeutung zu, auch im Hinblick auf die ethischen und interkulturellen Aspekte. Wir freuen uns sehr darüber, dieses innovative Projekt wissenschaftlich mit unserer Expertise begleiten zu können“, kommentiert Clemens Lutsch, Professor für Human-centered Strategy und User Experience, die Zusammenarbeit.

 

 

Ansprechpartner Klinikum Lippe

Ansprechpartner Internationale Hochschule SDI München

Neues Diagnostikangebot: Endomikroskopie

Priv.-Doz. Dr. Johannes Tebbe, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie und Infektiologie

Die konfokale Laserendomikroskopie (CLE) ist eine neue Untersuchungsmethode mit deren Hilfe unterschiedliche Gewebstypen im Körperinneren in ihrer Funktion in tausendfacher Vergrößerung beobachtet und beurteilt werden können. Das hochspezialisierte Verfahren wird bislang an 22 klinischen Zentren in Deutschland angeboten, unter anderem an der Klinik für Gastroenterologie und Infektiologie am Klinikum Lippe.

Revolutionär ist die Endomikroskopie bei der Früherkennung von Krebserkrankungen überall im Verdauungstrakt. So können z.B. bei der Refluxerkrankung mit dieser Technik die doppelte Zahl von Patientinnen und Patienten mit einem Barrett-Umbau der Speiseröhrenschleimhaut, einer Vorstufe des Speiseröhrenkrebses, erfasst und behandelt werden. Am Klinikum Lippe wird zusätzlich die Nadel-basierte Endomikroskopie (nCLE) bei der Krebsfrüherkennung und Beurteilung von Zysten der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) und bei Unregelmäßigkeiten der Gallenwege eingesetzt. Dies ist in Ostwestfalen-Lippe und bundesweit einmalig.

„Wir verfolgen mit der Einführung der CLE am Klinikum Lippe das Ziel, die Lebensqualität unserer Patientinnen und Patienten zu verbessern. Insbesondere bösartige Veränderungen der Bauchspeicheldrüse und anderer Organe im Magen-Darm-Trakt können mit dieser Untersuchungsmethode sehr frühzeitig erkannt werden“, sagt Priv.-Doz. Dr. Johannes Tebbe, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie und Infektiologie am Klinikstandort Detmold.

In Deutschland wird das neue Verfahren insbesondere zur Diagnostik von Nahrungsmittelintoleranzen (food-allergy-sensitivity-test = FAST) und dem damit verbundenen „leaky-gut“-Syndrom angewendet. Mehr als 50 Prozent der Patientinnen und Patienten, bei denen ein Reizdarm diagnostiziert wurde, leiden an einer atypischen Nahrungsmittelintoleranz mit entsprechenden körperlichen Beschwerden. Die Fachleute sprechen dann von „nicht IgE-vermittelten Nahrungsmittelintoleranzen“.

Tebbe weiß dazu: „Leider gibt es hierfür keine äquivalenten Biomarker bzw. Labortests. Die angebotenen Antikörper- oder Hautprick-Tests für den Nachweis von Nahrungsmittelallergien sind meist nicht geeignet eine nicht IgE-vermittelte Nahrungsmittelintoleranzen bei den Betroffenen nachzuweisen. Mit der neuen CLE-FAST Diagnostik ist es nun möglich, die akute Reaktion der Dünndarmschleimhaut auf eine Nahrungsmittelprovokation direkt in vivo, also live am lebenden Objekt, darzustellen. Die Reaktion bei der atypischen Nahrungsmittelintoleranz ist in diesem Fall meist das sogenannte „leaky-gut“-Syndrom, bei dem die Dünndarmschleimhaut bei Kontakt mit dem problematischen Nahrungsmittel durchlässig wird. Mit dem direkten Nachweis solcher Reaktionen können Nahrungsmittelintoleranzen sicher diagnostiziert und behandelt werden.“

Die konfokale Laserendomikroskopie (CLE) wird auch im Patientenflyer von Mauna Kea Technologies vorgestellt.

mit freundlicher Genehmigung von Mauna Kea Technologies

 

Abgestimmte Versorgung für besondere Patientengruppe

Bundesweit erste Zulassung als ASV-Team „Chronisch entzündliche Darmerkrankungen“ für Klinikum Lippe

Das Klinikum Lippe wurde vom Erweiterten Landesausschuss Westfalen Lippe am 30.06.2022 als Behandlungsteam „Chronisch entzündliche Darmerkrankungen“ zugelassen. Nach aktuellem Kenntnisstand handelt es sich damit um das bundesweit erste ASV-Team für chronisch entzündliche Darmerkrankungen. Aktuell sind am Klinikum Lippe insgesamt zwölf ASV-Teams aktiv.

Unter dem Begriff chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) werden die beiden Hauptformen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa zusammengefasst. Beide Erkrankungen manifestieren sich schon im früheren Lebensalter (zwischen 15 und 35 Jahren), werden jedoch auch zunehmend bei älteren Patienten erstmals diagnostiziert. Die Zahl der Neuerkrankungen steigt kontinuierlich. Erkrankungsursache ist ein multifaktorielles Zusammenspiel genetischer, immunologischer sowie psychischer Faktoren, die durch Umweltfaktoren ergänzt werden. Leitsymptome wie Bauchschmerzen, Blähneigungen und Durchfälle, auch mit Blutbeimengungen, die wiederum zu starkem Gewichtsverlust führen, minimieren die Lebensqualität der Betroffenen massiv. Außerhalb des Magen-Darm-Traktes kann sich die Erkrankung auf die Gelenke manifestieren und auch Hauterscheinungen kommen oft vor.

„Diese komplexe Multiorganerkrankung stellt besondere Anforderungen an Diagnostik und Therapie“, stellt  PD Dr. med. Johannes Tebbe, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie und Infektiologie am Klinikum Lippe und Teamleiter des neuen ASV-Teams klar. Er ergänzt: „Für eine erfolgreiche Behandlung, die häufig die gesamte Lebensspanne umfasst, ist eine gut abgestimmte und unkomplizierte Zusammenarbeit mehrerer Fachdisziplinen unabdingbar“.

Diese abgestimmte Zusammenarbeit bietet die „ambulante spezialfachärztliche Versorgung“, kurz ASV. Der Gesetzgeber sieht diese Behandlungsmöglichkeit für Patientinnen und Patienten mit seltenen und/oder chronischen Erkrankungen mit besonderem Versorgungsbedarf vor. Ob eine Erkrankung für die ASV zugelassen wird, entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), das höchste Entscheidungsgremium für den Gesundheitsbereich. Nach genauer Festlegung notwendiger Facharztgruppen, Diagnostik und Therapie durch den G-BA, besteht jetzt seit Mai 2022 bundesweit erstmals die Möglichkeit, sich als entsprechendes ASV-Team zu formieren und eine Teilnahme als ASV-Team gegenüber den zuständigen Landesgremien anzuzeigen.

„Als wir vor zwei Jahren erstmals hörten, dass der G-BA  beabsichtigt, für die Behandlung der betroffenen Patientinnen und Patienten künftig Versorgungsstrukturen der ASV anzubieten, war uns klar, dass wir in Lippe das Angebot so früh wie möglich vorhalten wollen“, sagt Tebbe, dessen Klinik tagtäglich betroffene Patienten betreut und der darüber hinaus auch Mitglied in weiteren ASV-Teams des Klinikum Lippe ist. „Im Rahmen der ASV können wir betroffene Patientinnen und Patienten als Klinik ambulant behandeln. Das betrifft für die CED sowohl notwendige Leistungen aus der Allgemein- und Viszeralchirurgie aber auch ergänzende Leistungen weiterer Fachabteilungen im Klinikum Lippe und darüber hinaus.“

Neun Mediziner des Klinikum Lippe sind im neuen FOCUS-Ärzte-Ranking zu finden und als TOP-Mediziner für ihren Fachbereich ausgewiesen. …

Insgesamt 18 Mal sind das Klinikum Lippe und seine Chefärzte in der aktuellen FOCUS-Ärzte- und Krankenhausliste vertreten.