Standortstrategie für die Zukunft mit verbesserter Patientenversorgung
Standortstrategie für die Zukunft mit verbesserter Patientenversorgung
Die von Bund und Land angestoßenen Klinikreformen, inflationsbedingte Kostensteigerungen, der demografische Wandel, bundesweit sinkende Patientenzahlen sowie der Fachkräftemangel stellen die medizinische Versorgung in der gesamten Republik vor immense Herausforderungen. Das wirkt sich unweigerlich auch auf das Klinikum Lippe aus. In einem Strategieprozess haben sich Gesellschafter, Aufsichtsrat und Geschäftsführung des Klinikums Lippe intensiv mit der aktuellen Lage beschäftigt und vielversprechende Zukunftsperspektiven für die Standorte Detmold und Lemgo entwickelt.
„Für eine gute medizinische Versorgung der Lipperinnen und Lipper zu sorgen, ist mir als Landrat besonders wichtig“, sagt Landrat Dr. Axel Lehmann. „Dabei spielt unser Klinikum eine sehr wichtige Rolle, das insgesamt und im Vergleich zu anderen Krankenhäusern sehr gut aufgestellt ist. Damit das so bleibt und wir am Ende sogar eine Verbesserung in der Patientenversorgung erreichen, müssen wir aber jetzt handeln und wichtige strategische Entscheidungen für die Zukunft unseres Klinikums treffen.“
Bis 2022 habe das Klinikum sehr gut gewirtschaftet. Doch insbesondere in den vergangenen zwei Jahren habe sich die Situation radikal geändert, mit der alle Kliniken in Deutschland zu kämpfen hätten. „Allein im Jahr 2023 haben bundesweit 40 Kliniken Insolvenz angemeldet – zwei davon in unmittelbarer Nachbarschaft in Holzminden und Paderborn. Dieses Jahr werden es wahrscheinlich doppelt so viele sein. Da darf das Klinikum Lippe keinesfalls dazugehören – und das wird es auch nicht, wenn wir jetzt die richtigen Entscheidungen treffen“, unterstreicht der Landrat.
Ein Hauptgrund für diese Entwicklung ist die wachsende Erlös-Kosten-Schere. Tarifsteigerungen um bis zu 10,5 Prozent und inflationsbedingte Kostensteigerungen von rund 2,6 Prozent führen zu einer deutlichen Belastung der Kliniken. Gleichzeitig liegt das Leistungsvolumen der Krankenhäuser deutschlandweit etwa 15 Prozent unter dem Niveau von 2019. Die Refinanzierung der zusätzlichen Ausgaben kann nicht allein durch die Basisfallwertsteigerung von 5,13 Prozent im Jahr 2024 gedeckt werden.
Diese bundesweite Entwicklung spürt auch das Klinikum Lippe. In der Folge musste der Kreis Lippe dem Klinikum in diesem Jahr bereits mit 25 Millionen Euro finanziell unter die Arme greifen. Das hatte der Kreistag mit dem Haushalt 2024 auf den Weg gebracht.
Da das kein Dauerzustand bleiben könne, seien mittelfristig Veränderungen notwendig. Um diesen Strategieprozess auch mit Hinblick auf die von Bund und Land angestrebten Veränderungen bei der Krankenhausfinanzierung auf den Weg zu bringen – und auch künftig die Vorgaben aus Berlin und Düsseldorf erfüllen zu können – hatten Gesellschafter, Aufsichtsrat und Geschäftsführung des Klinikums Lippe die Beratungsunternehmen Roland Berger sowie Partnerschaft Deutschland zu Rate gezogen. Deren Vorschläge wurden nun den entsprechenden Gremien, den Beschäftigten des Klinikums, den Kreistagsmitgliedern, lippischen Bürgermeistern, Vertretern der Sparkassen und auf einer Pressekonferenz vorgestellt.
Die Meinung der Experten ist eindeutig: Beim Status quo könne es auf keinen Fall bleiben – aus finanziellen, aber auch aus personellen Gründen. „Der Fachkräftemangel insbesondere im ärztlichen Dienst und im Pflegedienst ist bundesweit inzwischen derart gravierend, dass man für zwei Standorte kaum noch genügend Personal findet. Das ist schon jetzt auch am Standort Lemgo beispielsweise in der Anästhesie spürbar“, erklärt Dr. Christine Fuchs, Medizinische Geschäftsführerin des Klinikums Lippe.
Daher schlagen die Beratungsunternehmen eine stärkere Konzentration der medizinischen Angebote am Standort Detmold als universitärer Maximalversorger für den Kreis Lippe vor. „In Detmold würden dann die Neurologie, die Thoraxchirurgie, die Gefäßchirurgie, die Onkologie und die Spezialisierte Pneumologie angesiedelt. Dadurch wird in Detmold die höchste Stufe der Notfallversorgung und ein onkologisches Spitzenzentrum möglich – eine echte Verbesserung der Patientenversorgung der Lipperinnen und Lipper. Der Standort Lemgo würde als Fachklinik für Geriatrie mit einer Allgemeinen Inneren Medizin, einer Ambulanten Radiologie, der Nuklearmedizin/Strahlentherapie, einer Neurologischen Frühreha, der Weaning-Abteilung und der Krankenhausapotheke sowie ambulanten Angeboten weiterentwickelt“, erklärt Dr. Johannes Hütte, Geschäftsführer des Klinikums Lippe.
In Bezug auf Lemgo hatte sich Partnerschaft Deutschland mit einem konkreten Nutzungskonzept für den Standort Lemgo beschäftigt. So seien dort neben den bereits genannten Angeboten auch Ärztehaus/Medizinisches Versorgungszentrum, Hochschulambulanzen und Angebote im Bereich Strahlentherapie/Nuklearmedizin sowie ein Hospiz denkbar. Darüber hinaus könne sich Landrat Dr. Axel Lehmann noch weitere ambulante und pflegerische Angebote in Lemgo vorstellen und werde diese prüfen lassen. Die Entwicklung für Lemgo sei auch eine große Chance für die medizinische Versorgung in Nordlippe. Insgesamt könne dieser Prozess im Laufe der kommenden sechs Jahre umgesetzt werden, so die Experten.
Die Ergebnisse der Beratungsunternehmen lägen nun auf dem Tisch und würden sicherlich nicht in Gänze umgesetzt, ist sich Landrat Dr. Lehmann sicher. Darüber entscheidet am Ende der Gesellschafter. Aber: „Durch die bevorstehenden Klinikreformen, den Personalmangel und die wirtschaftliche Situation müssen wir jetzt handeln und unser Klinikum neu aufstellen. Das hat zwangsläufig Auswirkungen auf die beiden Standorte. Wir müssen investieren und die Liquidität unterstützen, was sich auch in der Kreisumlage widerspiegeln wird. Der Weg ist steinig, aber er ist zu schaffen. Denn unser Klinikum verfügt über eine sehr gute Ausgangslage“, ist sich Dr. Lehmann sicher.
Als Uniklinik sei das Klinikum Lippe als Arbeitgeber für hoch qualifizierte Ärztinnen und Ärzte sehr attraktiv. „Wir bekommen als Uniklinik Medizinerinnen und Mediziner zu uns nach Lippe, die andere Häuser nicht bekommen“, sagt der Landrat. Ein weiterer Vorteil sei die Ausbildung junger Ärztinnen und Ärzte. „Das hilft uns immens, um mittelfristig eine Verbesserung in der medizinischen Versorgung zu erreichen – sowohl stationär als auch ambulant. Denn wer hier lernt und seine Ausbildung oder Studium absolviert, wird schnell feststellen, dass es sich bei uns in Lippe auch gut leben lässt – Stichwort Klebeeffekt“, sagt der Landrat.
In den kommenden Wochen werden die Gesellschafter des Klinikums die Ergebnisse der Experten beraten und entscheiden, welchen Weg das Klinikum in Zukunft einschlagen soll.