Klinikum Lippe verabschiedet Dr. Helmut Middeke nach 39 Jahren
„Stets den Menschen in den Mittelpunkt gestellt“
Dr. Helmut Middeke geht in den wohlverdienten Ruhestand. Fast vierzig Jahre lang hat er das Klinikum Lippe maßgeblich geprägt und die Transformation vom Kreiskrankenhaus zum modernen Gesundheitsdienstleister mit universitärer Ausrichtung begleitet.
Prof. Dr. Christoph Redecker, Prof. Dr. Joachim Thiery, PD Dr. Johannes Tebbe, Dr. Christine Fuchs, Dr. Johannes Hütte, Ingrid Britzelmeir, Dr. Helmut Middeke, Landrat Dr. Axel Lehmann
In der pandemiebedingt im kleinen Kreis gehaltenen Verabschiedungsfeier bezeichnete Landrat Dr. Axel Lehmann ihn als „Lipper durch und durch“ und interpretierte diese Beschreibung als „in sich ruhend, mit sich und der Welt im Reinen und im positiven Sinne preisbewusst. Seine große Kunst bestand darin, medizinische Interessen und schnöden Mammon unter einen Hut zu bekommen, denn ohne Geld geht auch in einer Klinik nicht viel“. Diese Eigenschaften Middekes waren auch sein Erfolgsgeheimnis, denn als Mediziner und Teil der Geschäftsführung musste er stets zwischen dem ärztlichen Handeln und der Ökonomie vermitteln.
Der heute 69-Jährige nahm im Jahr 1983 eine Stelle als Assistenzarzt in der Onkologie in Lemgo an und arbeitete dort später als Oberarzt. „In meiner Erinnerung waren die 90er Jahre geprägt durch eine diffuse Endzeitstimmung. Man spürte, dass das System Krankenhaus nicht überlebensfähig war, aber es gab auch keine klaren Hinweise, von wo denn Rettung zu erwarten gewesen wäre“, beschreibt er die damalige Situation. Problematisch war auch, dass Klinikverwaltung und Medizin zu dieser Zeit eher in Parallelwelten als gemeinsam agierten. Aus seiner Sicht hatte dies aber nicht nur Nachteile, denn „dadurch, dass die Verwaltung sich eigentlich nicht sehr für die Medizin interessierte, ergaben sich auch Freiräume, die man subversiv nutzen konnte. So haben wir die Stammzelltransplantation Mitte der 90er etabliert und wurden als erstes nichtuniversitäres Haus zertifiziert, ohne dass in der Verwaltung irgendjemand Notiz davon genommen hätte. Und wir haben einen ambulanten Palliativdienst eingeführt, indem wir einfach, das heißt auch ohne Bezahlung, unsere Ambulanzschwestern zu den bedürftigen Patienten nach Hause geschickt haben.“ Letztendlich fehlte jedoch die Einigkeit und wie in vielen Krankenhäusern zu dieser Zeit waren die jeweiligen Chefärzte eher Einzelkämpfer für ihre Fachabteilungen. Führung und Einigkeit, Kooperation und der Blick für das große Ganze fehlten.
Dr. Helmut Middeke hat das Klinikum Lippe geprägt.
Die Situation änderte sich aus Sicht Dr. Helmut Middekes mit der Übernahme der Geschäftsführung durch Peter Schwarze. Verwaltung und Medizin rückten in dieser Zeit näher zueinander. Medizin, Ökonomie und Strategie waren nun maßgebliche Themen, die Verwaltungsmitarbeiter und Ärzteschaft auf Augenhöhe miteinander diskutierten. Im Spannungsfeld der DRG-Einführung bestand eine zentrale Aufgabe Middekes, der die Seiten gewechselt hatte und nun Medizinischer Geschäftsführer war, zu Beginn des neuen Jahrtausends darin, „aus den beiden Häusern Detmold und Lemgo ein Klinikum Lippe werden zu lassen. Als alter Lemgoer wusste ich sehr wohl, was „Identifikation“ mit dem eigenen Haus bedeutet und ich hatte in den Jahren zuvor erlebt, wie erbittert sich die beiden Häuser bekämpft hatten, durchaus auch mit meiner Beteiligung.“ Doch das Klinikum Lippe musste sich nicht nur selbst sortieren und mit seiner Identität auseinandersetzen, sondern sich parallel auch nach Außen öffnen. Die Vernetzung mit niedergelassenen Ärzten, aber auch mit Pflege- und Therapieeinrichtungen sowie Sanitätshäusern begann. Middeke sagt dazu heute, „dass die Anstrengungen dieser Jahre dazu geführt haben, dass das Klinikum Lippe heute exzellent aufgestellt und zusammen mit Kassenärztlicher Vereinigung, Ärztenetz und seinem Träger, dem Kreis Lippe, in der Lage ist, eine zukunftssichere regionale Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.“
Neben der Vereinigung der Standorte zum Klinikum Lippe und der Netzwerkbildung ist ein weiterer wichtiger Verdienst Dr. Helmut Middekes auch die Weichenstellung für den Einzug universitärer Medizin in die Region. Als Medizinischer Geschäftsführer war Middeke maßgeblich beteiligt am, wie er selbst sagt, „Mega-Projekt“ Universitätsklinikum OWL mit dem Ziel, das Klinikum Lippe zukunftsfähig aufzustellen. Geschäftsführer Dr. Johannes Hütte ist sich in Bezug auf das UK OWL sicher „Das Erreichte kann sich sehen lassen. Zwischenzeitlich sind die ersten Berufungsverfahren abgeschlossen bzw. auf der Zielgeraden, der erste Professor, Herr Professor Gielen aus der Kardiologie ist berufen, der weitere Ausbau geht voran“, räumt aber gleichzeitig in seiner Rede ein „Allerdings bedauere ich heute schon, dass Sie in den Ruhestand gehen, liegt doch noch viel Arbeit, viele Abstimmungsrunden und viel Mühe vor uns.“
Aus der Zusammenarbeit ist dem heutigen Geschäftsführer eine Beobachtung besonders im Gedächtnis geblieben. Im Büro von Dr. Helmut Middeke hing ein Plakat mit dem Schriftzug „zuhören“. Dr. Johannes Hütte sagt dazu anlässlich der Verabschiedung: „Ich denke, dieses Zuhören ist das, was Sie in all den Jahren, die Sie hier für das Klinikum Lippe tätig waren, besonders ausgezeichnet hat. Zuhören um Meinungen und Sachverstand einzuholen und darauf aufbauend ein Ziel festzulegen. Und immer wieder der Versuch dadurch – wie sagt man so schön – die Menschen mitzunehmen.“ Bei all seinen Ideen und Entscheidungen verlor Dr. Helmut Middeke die wichtigste Ressource des Unternehmens nie aus dem Blick. Dr. Axel Lehmann zitierte in der Dankesrede eine Passage aus einem Interview Middekes: „Unsere Produktivkraft ist Wissen kombiniert mit Dienstleistung. Davon hängt alles ab. Die Mitarbeiter sind das Wesentliche. Irgendwelche Geräte sind Nebensache, die kann man alle kaufen.“